Themen rund um Nachhaltigkeit bekommen immer mehr Aufmerksamkeit: 

 

Die Verbraucher fällen verstärkt Kaufentscheidungen nach sozialen oder Umweltgesichtspunkten. Die Medien geben den Themen rund um die Umwelt und der Gesellschaft mehr Raum – durchaus auch mit kritischen Aspekten. Ein Report von Cision zeigte beispielsweise, das fast alle führenden Energieunternehmen bereits in kritischen Artikeln genannt wurden. Was bedeutet das für die Kommunikation?

 

Nachhaltigkeit ist in den Augen der Menschen ein Wert, der immer wichtiger wird. Für Unternehmen kann sie Mehrwerte schaffen, doch Nachhaltigkeit wird derzeit mehr und mehr zum Hygienefaktor: Es ist selbstverständlich nachhaltig zu handeln, aber wehe, wenn nicht. Über Social Media und mit einer kritischer werdenden Gesellschaft werden Versuche des Greenwashings schnell entlarvt, womit diese Unsitte vom Aussterben bedroht ist. Doch wie sollten und können Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit heute kommunikativ nutzen?

Unternehmen müssen natürlich wirtschaftlich nachhaltig agieren: Dieser Aspekt ist in der Regel nicht mitgemeint, wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, sondern der Schutz der Umwelt, des Klimas, der guten Arbeitsbedingungen summieren die meisten unter dem Begriff Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeitsberichte geben zwar konkrete Einblicke in die Unternehmen, ihren Rohstoff- und Energieverbrauch beispielsweise, und Gesetze schreiben eine hohe Transparenz vor – wie das recht neue Lieferkettengesetz, dass im Jahr 2023 in Kraft treten wird.

 

Exkurs: Nachhaltigkeitsberichte 

Nachhaltigkeitsberichte sind seit dem Geschäftsjahr 2017 für einige große börsennotierte Unternehmen verpflichtend, doch viele Firmen erstellen solche Berichte freiwillig, um ihre Stakeholder zu informieren und auch selbst handfeste Zahlen zu ermitteln, mit denen das eigene Nachhaltigkeitsmanagement strategisch gesteuert werden kann. Ein Nachhaltigkeitsbericht, sollte gut aufbereitet und glaubwürdig sein. Er stellt das Unternehmern im Detail vor, die Verankerung der Nachhaltigkeit in der Strategie, Ziele und Programme. Wie wird Verantwortung für die Umwelt übernommen (z. B. Rohstoffe und Energie in der Produktion), wie für Menschen (z. B. Angestellte auch von Lieferanten), wie werden Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger? Die Berichte sollten so konkret wie möglich sein und auch die Maßnahmen vorstellen: Wie wird Chancengleichheit bei den Angestellten gewährt, welche Aktionen werden umgesetzt, um gesellschaftliche Verantwortung in der Region wahrzunehmen?

 

Unternehmen aller Größen müssen allein wegen den gesetzlichen Anforderungen nachhaltig agieren – also umweltbewusst und sozial. Dazu ist das Gefühl, etwas Gutes zu tun, anderen Menschen, Tieren und der Umwelt zu helfen, vielen Konsumenten etwas wert: Laut einer GfK-Erhebung spendeten die Deutschen von Januar bis September 2020 3,3 Milliarden Euro an gemeinnützige Vereine oder Kirchen.

Besonders einige junge Marken bauen ihre Strategie komplett auf Nachhaltigkeit auf – ob Kleidung, Elektronik oder Nahrungsmittel, in fast jeder Branche lassen sich Beispiele finden. Doch sie sind trotzdem gewinnorientiert: Das Pricing enthält meist hohe Margen – die meist den Investoren zu Gute kommen und nicht der Umwelt, den Angestellten oder der Gesellschaft. Hinter rein nachhaltigen Marken stehen letztlich auch Unternehmen, die gewinnorientiert arbeiten und in ihren Nachhaltigkeitsberichten Zahlen in den Vordergrund stellen, die zwar im Trend liegen – Diversity oder CO2-Ausstoß – aber andere Aspekte auslassen. Ist Nachhaltigkeit also alter Wein in neuen Schläuchen? Sie sollte es nicht sein. Umweltschutz und Menschenrechte sind Notwendigkeiten, die jeder ernst nehmen sollte – gerade in der Unternehmenskommunikation.

Für die Verbraucher geht es wie gesagt auch um das gute Gefühl, das eine Marke vermittelt. Reale, messbare Nachhaltigkeit, ist oft nicht einfach nachvollziehbar. Auch im Finanzsektor gilt das: Zwar bieten viele Finanzdienstleister Fonds, Anleihen und mehr, die in nachhaltige Projekte investieren, aber die Rendite steht weiter im Fokus. Anders ist das bei der UmweltBank: Seit 1997 finanziert sie ausschließlich ökologische Kreditprojekte und hat den Umweltschutz als Unternehmensziel verankert. Aber die Anleger bekommen bei anderen Instituten meist mehr Rendite und schon hört das Engagement für die Nachhaltigkeit auf. Die UmweltBank fristet eher ein Nischendasein. Steht hier ein Kommunikationsproblem dahinter, da der Trend doch zu nachhaltigen Investments geht?

 

Nachhaltigkeit strategisch verankern

In der PR wird Nachhaltigkeit zunehmend als strategisch wichtiges Thema verstanden. Aber die Kommunikatoren müssen sich immer klar sein: Das Thema Nachhaltigkeit birgt Krisenpotenzial und muss daher ehrlich kommuniziert werden und nachweisbar sein.

Regelmäßig erstellt Cision beispielsweise den schon erwähnten „ESG In Energy Report“, der im ersten Halbjahr 2021 rund 12.800 englischsprachige Nachrichten sowie Blogs und Forenbeiträgen auswertete, die sich mit den größten Unternehmen aus der Energiewirtschaft im Zusammengang mit deren Nachhaltigkeit beschäftigen. Dabei zeigt sich, das kritische Berichte über Gerichtsverfahren wegen zu hoher Emissionen oder die schädlichen Auswirkungen der Industrie, den positiven gegenüberstehen, die Initiativen der Unternehmen vorstellen: Verpflichtungen zu einer nachhaltigeren Unternehmenspolitik oder Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien.

Solche Analysen helfen den Unternehmen, ihre Kommunikation strategisch auszurichten, und geben gleichzeitig den Einblick: Großunternehmen können nicht schlagartig umfassend nachhaltig werden, was die negative Berichterstattung zeigt, aber es gibt Initiativen: Sie führen zu positiveren Artikeln. Was ein Unternehmen für die Nachhaltigkeit macht, muss in der Unternehmensstrategie verankert sein und in der Kommunikation sollten erst die Ergebnisse deutlich werden. Große Ankündigen sollte man sich sparen.

 

Welche Nachhaltigkeitsinitiativen starten Unternehmen?

Initiativen betreffen einerseits den Footprint eines Unternehmens: Also beispielsweise den Energiebedarf oder den CO2-Ausstoß, der gesenkt werden kann. Das fällt vielen produzierenden Unternehmen schwer, aber auch IT-Konzernen, die große Rechenzentren betreiben. Gerade für Konzerne ist es eine Herausforderung, bei komplexen internen Strukturen und vielen Zulieferern die Nachhaltigkeit zu messen und Initiativen auf den Weg zu bringen.

Weitere Initiativen können andererseits die eigentlichen Produkte oder Dienstleistungen nachhaltiger machen: Sie verbrauchen weniger Strom oder sind ohne Plastik verpackt. Auch können Unternehmen schlicht die Kunden anregen, sich umweltbewusster zu verhalten, wie es die Stadtwerke Bielefeld mit einer Emissionsspar-App umsetzen oder ein Carsharing-Anbieter, mit der Aufklärung über eine umweltschonende Fahrweise punkten möchte. Die Unternehmen engagieren sich ökologisch und sozial – pflanzen Bäume oder sponsoren Vereine. Hier ist allgemein große Vorsicht geboten, damit sich das Engagement in die Unternehmensstrategie einfügt und nicht als bloßes „Freikaufen“ oder Laune des CEOs aufgefasst wird.

Was auch auffällt: Manch ein Unternehmen wird plötzlich nachhaltig, weil es sein Storytelling umbaut. Beispielsweise verlängern Second-Hand-Händler heute den Lebenszyklus von Produkten, schonen Ressourcen und die Umwelt. Neue Aspekte, die es aber schon immer gab, stehen im Fokus der Kommunikation.

 

Nachhaltigkeit in der internen Kommunikation

Wenn es an die konkrete Kommunikation der Nachhaltigkeitsinitiativen geht, sollte sie intern starten. Oft brennen die Mitarbeitenden darauf, sich zu engagieren. Sie wollen wissen, was „ihr“ Unternehmen macht, um nachhaltiger zu werden. Die Glaubwürdigkeit entsteht dabei durch Transparenz und Ehrlichkeit. Kein Unternehmen wird die Welt retten und das UN-Klimaziel alleine erreichen.

 

 

Nachhaltigkeit in der externen Kommunikation

Wie gesagt: Oft geben eine nachhaltige Verpackung oder ein Umweltsiegel den letzten Ausschlag für eine Kaufentscheidung. Jedes Unternehmen muss sich in der externen Kommunikation überlegen, welche Rolle die Nachhaltigkeit spielen soll – und ob es nötig ist, auf eine Tomate „vegan“ zu schreiben.

Es dürfte mittlerweile deutlich geworden sein, wie komplex das Thema ist – und oft undurchschaubar für die Verbraucher. Unternehmen sollten bei der Kommunikation auf nachhaltige Aktionen setzen, die einen echten, nachweisbaren Einfluss haben. Die Checkliste oben kann dabei helfen, sie zu identifizieren. Aber die Belege für echte Nachhaltigkeiten fehlen noch zu oft: Was soll denn bitte „klimaneutral“ sein? Klare Antworten dürften rar sein.

 

Gesetzgeber schalten sich ein

Da noch zu oft die Nachweise fehlen oder grüne Behauptungen sehr schwammig sind, sollen nun Regulierungen die Unternehmen zu mehr Transparenz zwingen. Bis Ende des Jahres will die EU-Kommission den Entwurf einer „Initiative zur Substantiierung grüner Behauptungen“ liefern. Unternehmen sollen verpflichtet werden, „ihre Angaben zum ökologischen Fußabdruck ihrer Produkte anhand standardisierter Quantifizierungsmethoden zu belegen“.

Eine Methode mit dem Namen „Product Environmental Footprint“ (PEF) berücksichtigt 16 Faktoren und wie sich diese im Lebenszyklus eines Produkts auf die Umwelt auswirken. Die Kommission denkt auch an eine Green Claims-Verordnung, die der Health Claims-Verordnung ähnelt. Sie besagt, dass bestimmte Wirkstoffe in Arzneimitteln nur mit bestimmen Aussagen begleitet werden dürfen.

Unternehmen, die eine gute Nachhaltigkeitskommunikation betreiben – ehrlich und messbar – laufen nicht Gefahr, in ein paar Jahren abgestraft zu werden.