Q&A: Wie man geschlechterspezifische Vorurteile am Arbeitsplatz durchbricht (#BreakTheBias)

 

Das folgende Interview wurde ursprünglich Anfang des Monats auf PR Newswire Asia veröffentlicht.

 

Anlässlich des Internationalen Frauentags haben wir mit Chelsea Perino, Managing Director, Global Marketing and Communications bei The Executive Centre, und Paula Slater, Global Diversity & Inclusion (DEI&B) Lead der ZF Group ein Interview geführt.

Gemeinsam mit Junxun Tan, Head of Content (APAC) von Cision, sprachen sie darüber, wie sowohl Frauen als auch Männer (insbesondere Frauen und Männer in Führungspositionen) geschlechterspezifische Vorurteile (#BreakTheBias - das Thema des diesjährigen IWD) durchbrechen und die Geschlechtervielfalt am Arbeitsplatz fördern können.

Ihre Erkenntnisse und Ratschläge mögen für alle Branchen von Relevanz sein, aber wir glauben, dass das Gespräch für die PR- und Kommunikationsbranche von besonderer Bedeutung ist. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass trotz der großen Anzahl von Frauen, die in der PR-Branche arbeiten, diese in Führungspositionen stark unterrepräsentiert sind. 

 

Das Thema des diesjährigen Internationalen Frauentags lautet #BreakTheBias. Wie können Unternehmen Ihrer Meinung nach authentische und sinnvolle Beiträge zum Thema #BreakTheBias liefern?

Chelsea Perino: Alles beginnt damit, die richtigen Fragen zu stellen und dann eine Plattform zu schaffen, auf der diese Fragen in einem sicheren und offenen Umfeld beantwortet werden können. Die Unternehmensleitung muss ihre weiblichen Mitarbeiter ermutigen, Führungsrollen zu übernehmen. Sie muss ihnen die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen und Ratschläge darüber zu teilen, wie sie geschlechtsspezifische Widrigkeiten überwunden haben, damit die jüngeren Generationen selbstbewusst gleiche Chancen einfordern können.

Paula Slater: Durch Veranstaltungen, die eine wechselseitige Kommunikation fördern, so dass das Publikum mit den Rednern in Kontakt treten kann. Außerdem sollten die Rednerinnen und Redner bei diesen Veranstaltungen mutig und direkt sein und echte Erkenntnisse weitergeben können, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben. Letztendlich brauchen Sie eine Kultur, die psychologische Sicherheit fördert, in der es in Ordnung ist, andere oder neue Standpunkte zu äußern, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Dies ist der wichtigste Faktor, um wirklich in der Lage zu sein, diese Geschichten ungefiltert zu hören.

 

An wen, außer weiblichen Führungskräften, können sich Unternehmen darüber hinaus wenden, um sie ihre empathischen Geschichten erzählen zu lassen?  

CP: Jeder, aber vor allem Menschen in Führungspositionen, sollten eine aktive Rolle bei der Förderung und Unterstützung von Gleichstellung und Vielfalt am Arbeitsplatz übernehmen. Ein Umfeld, das seine Mitarbeiter befähigt, sinnvolle Gespräche über die Gleichstellung der Geschlechter zu führen, muss an der Spitze beginnen.

PS: Es muss jede Führungskraft sein, die wirklich glaubt, dass Veränderungen im Bereich der Vielfalt notwendig sind - nicht nur in Bezug auf das Geschlecht, sondern auch in Bezug auf jede andere Diskussion um "Minderheiten gegenüber dominanter" Gruppen. Dabei kann es sich um Alter, sexuelle Vorlieben, körperliche Fähigkeiten usw. handeln. Wir brauchen sowohl Männer als auch Frauen, die sich für Minderheiten einsetzen. Es muss auf Daten beruhen. Man kann nicht behaupten, kein Problem in Bezug auf Diversität aller Art zu besitzen, wenn man nicht die Daten hat, es zu beweisen. 

 

Diese Geschichten drehen sich oft um weibliche Persönlichkeiten. Was können Unternehmen machen, damit die männlichen Akteure die Bedeutung hinter diesen Geschichten besser verstehen?

CP: Wir müssen unseren männlichen Kollegen helfen zu verstehen, was sie tun können, um diese Probleme zu lösen. Oft wird geschlechtsspezifische Voreingenommenheit als ein "er gegen sie"-Problem dargestellt, aber das ist viel zu vereinfacht. Untätigkeit ist genauso schädlich wie aktive Voreingenommenheit, aber oft sind sich Männer nicht der Herausforderungen bewusst, mit denen wir Frauen konfrontiert sind, insbesondere in männerdominierten Branchen. Deshalb ist der Austausch positiver Erfahrungen, bei denen uns unsere männlichen Kollegen geholfen haben, die gläserne Decke zu durchbrechen, eine viel positivere Botschaft. Das zeigt, welchen Unterschied Kameradschaft bei der Lösung dieses Problems bewirken kann.

PS: Dies ist das Konzept der Verbundenheit: Die eigenen Privilegien zu überwinden und über die eigene Komfortzone hinauszugehen, um sicherzustellen, dass andere in der gleichen Situation sind. Wir müssen verstehen, dass Privilegien nichts Negatives sind, sondern etwas, das existiert, wenn es eine Mehrheit gibt und wenn man ein Teil dieser Mehrheit ist. Die Menschen in der Mehrheit sollten sich dafür einsetzen, dass die Menschen in der Minderheit aufhören, eine Minderheit zu sein, und dass sie Zugang zu gerechten Chancen haben.

Unternehmen sollten die Geschichten von (männlichen oder weiblichen) Führungskräften aufgreifen, die sich für den Aufstieg von Minderheiten stark machen. Diese Geschichten von Gleichgesinnten sollten hervorgehoben werden, um andere zu inspirieren, aus ihrer Komfortzone herauszutreten.

 

Die Werte, für die das Unternehmen wirbt, werden vom Publikum eher wahrgenommen, wenn es sie auch wirklich vorlebt. Wie sollten Unternehmen Ihrer Meinung nach beurteilen, an welche Frauenorganisationen sie spenden sollten?

CP: Es gibt zur Zeit so viele großartige Organisationen, die sich für Chancengleichheit und Vielfalt am Arbeitsplatz einsetzen. Ich bin immer der Meinung, dass die Unterstützung und das Engagement umso wertvoller und sinnvoller ist, wenn man eine Organisation findet, die dieselben Grundwerte wie das eigene Unternehmen vertritt.

 

Die "Gleichstellung der Geschlechter" ist als eines der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung 2030 aufgeführt. Welche Informationen oder Daten erwarten Anleger in diesem Zusammenhang von börsennotierten Unternehmen?

CP: Ich denke, es gibt mehrere Kennzahlen, die erwartet werden; einige sind quantitativer, andere eher qualitativer Natur. Die erste ist die Anzahl der Frauen im Unternehmen insgesamt, der Frauen in Führungspositionen, der Frauen in leitenden Positionen und der Prozentsatz der Frauen, die befördert wurden oder innerhalb des Unternehmens aufgestiegen sind, im Vergleich zu den männlichen Kollegen, und schließlich die Veränderung im Laufe der Zeit. Unternehmen sollten diesbezüglich Wachstumsziele besitzen, und Investoren sollten sie an diese Zahlen festmachen.

Die zweite, schwieriger zu messende Kennzahl ist die Frage, wie sich weibliche Beschäftigte im Unternehmen fühlen - ob sie sich unterstützt fühlen, ob sie das Gefühl haben, gleiche Chancen zu besitzen, und ob ihren Anliegen Gehör geschenkt und auf sie eingegangen wird. Und schließlich, um auf die erste Frage zurückzukommen, sollten Unternehmen aktive Programme entwickeln, die das Bewusstsein für die Bedeutung von Vielfalt und Gleichstellung stärken.

PS: Analyse der Gesamtbelegschaft (Männer und Frauen), die Sie dann nach der Verteilung in Management- oder Führungspositionen eingrenzen. Dasselbe sollte in Bereichen durchgeführt werden, in denen die Voreingenommenheit gegenüber Frauen eine größere Herausforderung darstellt - z. B. in der Fertigung und in Forschung und Entwicklung. Sobald die Datenanalyse abgeschlossen ist, sollten Sie die Ursache dafür herausfinden - liegt es an den Richlinien oder den Erwartungen, die Unternehmen an ihre Führungskräfte stellen? Liegt es an der Art der Talentauswahl? Liegt es an den Talentpools, in denen Sie suchen? Liegt es an der Art und Weise, wie Personalverantwortliche Entscheidungen treffen? usw. Dann können/sollten Sie Initiativen ergreifen, die auf diese Grundursachen abzielen, um Gerechtigkeit zu gewährleisten. Aber alles beginnt mit den Daten.

 

Die wichtigsten Erkenntnisse: 5 Wege zur Förderung der Geschlechtergleichstellung am Arbeitsplatz

1️⃣ Schaffen Sie eine Kultur, in der sich die Mitarbeiter befähigt und sicher fühlen, über geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu sprechen. Bieten Sie Frauen ein Forum und das Selbstvertrauen, Chancengleichheit zu fordern.

2️⃣ Hören Sie auf, geschlechtsspezifische Voreingenommenheit als eine Frage von "er gegen sie" zu betrachten. Männer müssen für die Herausforderungen sensibilisiert werden, mit denen Frauen konfrontiert sind, damit sie dazu beitragen können, sie zu beseitigen.

3️⃣ Beginnen Sie an der Spitze. Die Führungsebene muss eine aktive Rolle bei der Förderung von Gleichstellung übernehmen.

4️⃣ Heben Sie Geschichten von Bündnissen hervor und lernen Sie daraus. Helfen Sie anderen, zu erkennen, wie sie ihre Position nutzen können, um mehr Chancengleichheit für alle zu gewährleisten.

5️⃣ Beginnen Sie mit Daten. Sie können keine wirksamen Veränderungen herbeiführen, wenn Sie nicht zuerst eine Bestandsaufnahme machen, wo Sie jetzt stehen und wo Sie sich verbessern müssen.

 

Weitere Ressourcen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz über den Internationalen Frauentag und sogar den Monat der Frauengeschichte hinaus finden Sie auf der Website zum Internationalen Frauentag.

 

*Das Titelbild für diesen Beitrag stammt von der Künstlerin Alba Garcia-Castrillo.

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