Auf welche Metriken sollten sich PR- & Kommunikationsabteilungen konzentrieren? Und wie entzieht man sich der Gefahr, die falschen Schlüsse aus einzelnen Kennzahlen zu ziehen? 

 

Unser Kollege Oskar Larsson hat Barnaby Barron interviewed, den Leiter der Analyseabteilung des Insights-Teams von Cision, das Kunden mit von Menschen interpretierten Briefings und fortschrittlichen Medienanalysen unterstützt. Er spricht über die Gefahren der Arbeit mit einzelnen ROI-Kennzahlen und darüber, wie wichtig es ist, dass die Messdaten in verwertbare Erkenntnisse umgewandelt werden. 

 

 

 

Warum ist es für Kommunikationsabteilungen so schwierig, den Return on Investment zu messen?

Das hören wir oft von Kunden und Leuten aus der Kommunikationsbranche. Die Messung und vor allem der Nachweis des Werts von Earned-Media-Inhalten ist nicht einfach. Hierfür gibt es mehrere Gründe:

Grundlegend muss man davon ausgehen, dass Kommunikation und PR im Kaufprozess oft früher eine Rolle spielen als beispielsweise Marketing und Werbung. Oft legen PR und Kommunikation den Grundstein, indem sie das Bewusstsein für eine Dienstleistung, ein Produkt oder eine Idee wecken, was letztendlich dazu führt, dass jemand auf eine Anzeige klickt und konvertiert. Diese Konversion steht oft in direktem Zusammenhang mit der Anzeige, anders als die erste „Wahrnehmung“, bei der es schwierig ist, diese in direkte Verbindung zum finalen Klick auf die Anzeige zu setzen. Zudem kommt, dass wir aus vielerlei Gründen es nicht als gute Idee erachten, wenn auf der ganzen Welt, alle Unternehmen sämtliche Online-Aktivitäten der Nutzer verfolgen würden.

Zum anderen muss man Earned Media als ein komplexes und chaotisches System betrachten. Wenn man Werbung schaltet, für die man bezahlt hat, kann diese Sie über einen bestimmten Zeitraum hinweg ausgespielt werden. Auf Basis der vorangegangenen Leistungen erhält man eine recht genaue Vorstellung davon, welche Ergebnisse man erzielen wird. Bei Earned Media hingegen gibt es viele weitere Faktoren, die Einfluss auf die Ergebnisse besitzen können. Man kann die beste Kampagne der Welt planen und perfekt durchführen, aber wenn zur gleichen Zeit wie die Kampagne ein weltveränderndes Ereignis geschieht, können die Ergebnisse der Kampagne katastrophal sein, weil alle Nachrichtenmedien sich auf das globale Ereignis statt auf Ihre Kampagne konzentrieren. Das macht es schwierig, den ROI aufzuzeigen, manchmal ist er nicht vorhanden, obwohl man alles richtig gemacht hat.

Das sind meiner Ansicht nach die beiden wesentlichen Gründe, warum es so schwierig ist, den ROI im Bereich der Kommunikation aufzuzeigen.

 

Wenn man nun diese Herausforderungen akzeptiert – was sollte man dann messen und warum?

Ich tendiere dazu, die Dinge, die Dinge, die man messen kann, in verschiedene Kategorien zu unterteilen:

Das, mit was man generell beginnt, ist sich zu vergewissern, welchen Output die Kommunikation erzeugt. Das kann der Kontakt mit Journalisten sein, das Versenden von Pressemitteilungen, die Interaktion mit Influencern oder andere Arten von Aktivitäten, die die Inhalte in die Öffentlichkeit bringen. Das gibt einem ein Bild von den naheliegenden Erwähnungen, wie der Anzahl der Artikel, der Beiträge in sozialen Medien usw.

Der nächste Schritt besteht darin, die Qualität dieser Ergebnisse zu prüfen. Welche Themen werden aufgegriffen und wird positiv über Ihre Marke gesprochen? Ist es Ihnen gelungen, Ihre Kernbotschaften zu vermitteln? Das kann dabei helfen, die Qualität der produzierten Inhalte zu verstehen. Ich denke, viele würden zustimmen, dass es besser ist, 50 Beiträge zu haben, die den Markennamen in der Überschrift erwähnen, ein positives Bild zeichnen und die richtige Botschaft wiedergeben, als 100 Artikel zu generieren, in denen man einmal am Ende erwähnt wird.

Danach geht die Reise mit der Betrachtung von Engagement-Metriken weiter. Die Frage "Wie oft wurden bestimmte Artikel in den sozialen Medien geteilt?" ist ein gutes Beispiel, aber auch die Untersuchung von Google Analytics oder Adobe Analytics, um zu verstehen, wie viele Menschen von Earned-Media-Inhalten auf die Website gelangen. Dies gibt Ihnen einen Hinweis darauf, ob die Inhalte gut sind, aber auch darauf, ob das Zielpublikum beginnt, mit den Inhalten zu interagieren.

Und der letzte Schritt besteht darin, die Auswirkungen auf das Geschäft und Unternehmens-Ziel zu untersuchen, die Sie mit den von Ihnen erstellten Inhalten verbinden möchten. Wenn Sie eine große PR-Kampagne für einen bestimmten Tag oder eine bestimmte Woche laufen haben, können Sie untersuchen, wie viele Earned-Media-Inhalte in dieser Zeit generiert wurden, ob der Ton und das Messaging mit dem gewünschten Ergebnis übereinstimmten, um die Qualität des Inhalts zu bestimmen, und welches Engagement die Inhalte erzeugten. Und dann kann man prüfen, ob das u.U. mit einer Steigerung von Website-Besuchen, von Vertriebs-relevanten Anfragen oder Anrufen auf eine Telefon-Hotline korreliert. Was auch immer man sich auch als ziel gesetzt hat.

Erst hier kann der Nachweis erbracht werden, ob sich die Bemühungen rentiert haben, indem man nun zeigt, dass die PR- und Kommunikationsaktivitäten nicht nur Diskussionen und Aufsehen erregen, sondern substantielle Auswirkungen auf die Unternehmensziele besitzen. Dies erfordert häufig eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, z. B. mit der Vertriebs- oder Marketingabteilung, da die Geschäftsergebnisse häufig aus anderen Bereichen des Unternehmens stammen.

 

Welche Fehler machen Kommunikatoren häufig, wenn sie die Wirkung ihrer Arbeit messen?

Ich bin seit zehn Jahren in der Branche tätig, und in den letzten zehn Jahren stellen wir definitiv einen positiven Trend fest. Immer mehr Unternehmen gelingt es, die komplexen Strukturen miteinander zu verknüpfen, indem sie die Daten zu Earned Media mit den Geschäftsergebnissen und anderen Daten verknüpfen, um ein konsistentes Bild davon zu erhalten, wie die Kommunikationsarbeit läuft. Aber auch, was sie tun können, um sie zu verbessern. Allerdings würde ich sagen, dass die Anzahl der Utnernehmen, die das wirklich sehr gut umsetzt, weiterhin eine Minderheit darstellt. 

Viele Unternehmen konzentrieren sich immer noch auf veraltete Messgrößen wie den Werbeäquivalenzwert, der den Wert von Earned Media überhaupt nicht abbildet, und haben daher noch einen weiten Weg vor sich, bis sie diese Erkenntnisse nutzen können. Der Trend geht in die richtige Richtung, aber es muss gerade intern noch viel passieren, indem die Bedeutung der PR-Arbeit und ihr Beitrag zum Geschäftswert kommuniziert wird aber auch in der Zusammenarbeit mit Dienstleistern und externen Experten, die dabei helfen, das Wissen und die Erfahrung in diese Unternehmen zu bringen.

 

Bezüglich der Evaluierung von Kommunikationserfolgen, sollte man sich auf eine bestimmte Kennzahl konzentrieren oder sollte man mit diversen Metriken arbeiten?  

Meiner Meinung nach ist das der falsche Weg. Ich habe schon oft erlebt, dass Organisationen in dieses Muster verfallen sind und vergessen haben, wie komplex die Messung von Kommunikation ist, mit vielen Faktoren und Kennzahlen, die berücksichtigt werden sollten. Außerdem sehen diese Metriken je nach Organisation und Zielsetzung völlig unterschiedlich aus. Ein B2C-Unternehmen will Produkte verkaufen und ist daher auf Reichweite und Engagement angewiesen, während ein Finanzinstitut eher erfolgreich sein kann, wenn weniger über es geschrieben wird.

Das Problem wenn man mit nur einer Kennzahl operiert ist, dass sie nur so lange funktioniert, wie alles gut läuft. Wenn die Kurve zu sinken beginnt, wird sich jeder fragen, was passiert und schief läuft und wie man es beheben kann. Um diese Fragen zu beantworten, muss man hinter die Zahl blicken, die nur eine von vielen darstellt, um herauszufinden, weshalb die Ziele nicht erreicht werden.

Und das kann alles Mögliche sein, von einer zu geringen Reichweite über eine zu geringe Qualität der Inhalte bis hin zu einer hohen Qualität der Inhalte, die jedoch kein Engagement erzeugen, weil sie in Medien erschienen oder auf Websites veröffentlicht werden, auf denen sich die passende Zielgruppe nicht aufhält. Mit einer einzigen Kennzahl ist es schwierig, dem Problem auf den Grund zu gehen und die Ursachen zu verstehen.

Ich nutze dafür gerne die folgende Analogie: "Die Arbeit mit einem einzigen metrischen Punkt ist wie das Fliegen eines Flugzeugs mit einem Schild, auf dem steht, dass alles in Ordnung ist. Solange das Flugzeug ohne Komplikationen mit dem Autopiloten läuft, funktioniert es gut. Erst wenn die Anzeige von Grün auf Rot wechselt und ein Problem ankündigt, muss man wissen, was schief gelaufen ist und wie man es beheben kann, um wieder auf Kurs zu kommen."

 

Du hast in der Vergangenheit oft von verwertbaren Erkenntnissen („actionable Insights“) gesprochen. Kannst Du erläutern, was Du damit meinst? 

Verwertbare Erkenntnisse sollten für alle Kommunikationsabteilungen im Mittelpunkt stehen. Unter verwertbaren Erkenntnissen verstehe ich die Nutzung von Daten und Informationen, oft in großem Umfang, um ein Verständnis dafür zu schaffen, was gut und was weniger gut läuft und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Besonders interessant finde ich dabei, dass dies häufig in Unternehmen mit gut etablierten und ausgereiften Kommunikationsabteilungen umgesetzt wird, die gute Leistungen erbringen. Eine besondere Herausforderung bei der Gewinnung von verwertbaren Erkenntnissen ist, dass das Managementteam selten über das gleiche Wissen und Verständnis des Kommunikationsgeschäfts verfügt wie der Leiter der Kommunikationsabteilung.

Es gibt ein sehr empfehlenswertes Buch von der Autorin Nancy Duarte mit dem Titel „Data Story“. Es handelt davon, wie man Daten nutzt, um daraus Handlungen abzuleiten. Das Buch bespricht auch die Studie einer Universität, die herausgefunden hat, dass die effektivste Art, um Handlungen zu initiieren, das Erzählen von Geschichten ist und mit seinem Publikum zu interagieren.  

Ich selber bin kein Geschichtenerzähler und ehrlich gesagt, versetzt mich der Gedanke, einem Journalisten ein Thema zu pitchen, in Angst und Schrecken. Ich liebe es hingegen Tabellen und Business-Intelligence Dashboards zu betrachten. Ich würde also wahrscheinlich dazu tendieren, bei Präsentationen, sehr viele Zahlen und Informationen zu zeigen. Was mich das Buch gelehrt ist zu verstehen, dass weniger mehr ist. Und genau hier können Kommunikations-Profis von Ihrer Stärke profitieren, da Sie Geschichten-Erzähler sind. Sich auf die wirklich wichtigen Fakten zu konzentrieren und eine sinnvolle Geschichte dazu zu erzählen, wie zum Beispiel: wir haben ein geringes Engagement, weil unsere Inhalte nicht interessant genug sind.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass verwertbare Erkenntnisse nur dann verwertbar sind, wenn sie für die Person relevant sind, die daraufhin handeln wird, und genau hier können Missverständnisse entstehen. Ein CFO oder CEO möchte wahrscheinlich Erkenntnisse gewinnen, die dem Unternehmen zu finanziellem Wachstum verhelfen, während der Kommunikationsleiter Erkenntnisse liefert, die im Kommunikationskontext umsetzbar sind. Indem Sie die Leckerbissen aus den Daten extrahieren und eine Geschichte erzählen, anstatt fünf Diagramme auf einer Seite zu verschicken, machen Sie die Erkenntnisse zugänglich, handhabbar und umsetzbar.

 

Wie hilfst Du und Dein Team Unternehmen, diese verwertbaren Erkenntnisse zu gewinnen? 

Das Wichtigste für uns ist, das Geschäft und die Aktivitäten des jeweiligen Kunden und seine Ziele zu verstehen: Wie trägt es zu seinen allgemeinen Geschäftszielen bei und was sollten wir überwachen und analysieren, um die richtigen Daten zu generieren, die den Unterschied machen.

Wir wollen uns als Team wie eine Ergänzung unseres Kunden fühlen. Wenn der Kunden Erfolge feiert, dann feiern wir diese ebenfalls. Und wir haben genau diese Partnerschaften mit unseren Kunden. Und das bedeutet auch eine deutlich bessere Beziehung zwischen Cision und dem Endkunden. Für unser Insights-Team ist es schlichtweg interessanter und herausfordernder, ganz nah am Kunden zu arbeiten und als Ergänzung der Kundenteams zu gelten, als nur ein Datenlieferant zu sein. Diese besondere Partnerschaft ist für unsere Arbeit bei Cision Insights sehr wichtig.