“Der Kontakt zu Kommunikatoren, der PR-Branche und auch Kommunikationsberatern ist glaube ich unverändert wichtig oder vielleicht auch wichtiger als früher”

 

Am 8. Dezember 2016 führten wir unsere Veranstaltungsreihe “Cision Meets” fort, bei der wir namhafte und relevante Journalisten mit PR-Schaffenden aus allen Bereichen vernetzen. Herr Dr. Marc Beise, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, gab unter anderem Einblicke in die Publikation, den Redaktionsalltag und die Arbeitsweise der Redaktion.

 

Herr Dr. Beise, es ist nun 9:50 Uhr: Stellen wir uns vor, wir würden uns jetzt in die Wirtschaftsredaktionen der Süddeutschen Zeitung beamen, was ist dort in diesem Moment los? Was würden wir da sehen?


Wir würden in der Wirtschaftsredaktion die Tageskonferenz erleben, die von halb 10 bis 10 Uhr dauert. Dabei stehen übrigens alle anwesenden Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion um einen Konferenztisch herum, was ein wenig auch in meinem Buch “Deutschland digital” eine Rolle spielt. Wir würden die morgige Zeitungsausgabe und den Tag auf Suedeutsche.de planen, unter Einbeziehung der Online-Wirtschafts-Kollegen. Um 10 Uhr folgt dann eine Hauptkonferenz der ganzen Zeitung, die ungefähr von 10 bis 11 Uhr dauert, wo jemand wie ich als Ressortleiter anwesend sein muss, aber jeder andere Kollege anwesend sein kann. Bei dieser Konferenz besprechen wir zunächst die großen Dinge der Welt und regen uns über den heutigen Leitartikel auf, weil es garantiert mehrere Kollegen gibt, die das anders sehen, oder wie auch immer, und wo wir dann auch nochmal auf die gesamte Zeitung betrachtet den morgigen Tag planen.

Übrigens, zur Größenordnung: Die Wirtschaftsredaktion besteht in der Zentrale in München aus 25 Kollegen. Wenn ich die dazu rechne, die mir direkt unterstellt sind, weil sie ausschließlich wirtschaftlich arbeiten, also die Wirtschaftskorrespondenten weltweit, dann sind das so ungefähr nochmal so viele, sodass ich sagen würde, dass ich jeden Tag so ein Team wie das Publikum hier zur Verfügung habe.

 

Werden die Korrespondenten von außen zugeschaltet?

Teilweise ja. Also in der Morgen- Konferenz, von der ich gerade gesprochen habe, machen wir es nicht und zwar ganz bewusst nicht, weil wir da diesen Geist, dass wir in der Regel mit 15 Leuten um den Konferenztisch stehen, bewahren wollen, weil es das beste Strukturelement für diese Phase des Tages ist. Aber wir haben vorher schon Schaltkonferenzen mit wichtigen Außenbüros. Wir haben in der Wirtschaftsredaktion einmal in der Woche eine große Planungskonferenz, in die sich jeder Außenkorrespondent einwählen kann und viele tun das auch und bei dieser Hauptkonferenz von 10 bis 11 ist das Berliner Büro, also das Parlamentsbüro als unser wichtigstes Büro, mit den ca. 12 Politik- und Wirtschaftskollegen, per Videokonferenz zugeschaltet.

 

Sie haben eben schon das Thema Print- und Onlineredaktion angesprochen. Wie sind die beiden Redaktionen strukturiert bzw. wie eng arbeiten sie miteinander zusammen?

Wir haben da ein spezielles Modell. Viele von Ihnen wissen ja, dass die Überführung von Print-Verlagen ins digitale Zeitalter eine große Herausforderung ist. Da gibt es verschiedene Modelle. Das am weitesten gehende Modell, das kennen Sie alle, ist das Springer-Modell, das eben sagt „Online first“. Im Grunde wird alles der Online-Strategie untergeordnet. Und wie wir alle wissen, war das zurückhaltendste Modell beim Spiegel, wo über viele Jahre die beiden Redaktionen, das wöchentlich erscheinende Printmagazin und Spiegel Online als Marktführer im Onlinebereich, nebeneinander her gearbeitet haben. Auch der Versuch, die jeweiligen beiden Chefredakteure gemeinsam in die Chefredaktion zu binden, funktionierte wohl nicht.

Wir versuchen einen Mittelweg. Wir haben über ein Jahr lang einen sehr mühsamen und auch professionell begleiteten Moderationsprozess gehabt, und zwar Ressort für Ressort. Zum Beispiel in meinem Wirtschaftsressort, die Print- und die Online-Wirtschaftskollegen, die formal nach wie vor getrennt sind: Das sind zwei Redaktionen, zwei Gesellschaften, zwei Chefredakteure und so weiter, die aber nah im Haus sitzen. Bezogen auf den Wirtschaftsbereich insgesamt haben sich diese beiden Teams wöchentlich mehrere Stunden im Selbst-erfahrungs-Modus gegenseitig beschnuppert und gegenseitige Vorurteile abgebaut. Das fand für alle wichtigen Ressorts statt und am Ende dieses Prozesses wurde eine Strategie erarbeitet, der der externe Moderator und die beiden Ressortleiter, also der Print-Ressortleiter und der Online-Ressortleiter, zustimmen mussten, und dieses Konzept wurde der Chefredaktion vorgelegt, die es in der Regel auch akzeptiert hat.

Das hatte aber die Folge, dass wir einige total integrierte Ressorts haben, wie mein Wirt-schaftsressort. Bei mir ist es so, dass es nach wie vor Print- und Onlinekollegen gibt und die einen dem Print-Chefredakteur unterstellt sind und die anderen dem Online- Chefredakteur - in der praktischen Arbeit sind sie aber alle mir unterstellt. Es gibt auch keinen Online-Ressortleiter Wirtschaft mehr.

Stattdessen haben wir zwei gleichberechtigte Wirtschaftsressortleiter. Ich mache das mit einem Kollegen, Ulrich Schäfer, mit dem ich auch das Buch “Deutschland Digital” geschrieben habe, und wir haben sozusagen inhaltlich die totale Verantwortung für Print und Online. Es gibt aber auch andere Ressorts, wo es nicht funktioniert. Ich habe gelernt, dass es nicht möglich ist, Feuilleton Print und Online aus einer Hand zu machen, weil da einfach Welten aufeinander prallen. Es gibt also voll integrierte Ressorts und es gibt Ressorts, die nebeneinander her leben.

 

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Wir danken Dr. Marc Beise rechtherzlichen für diesen Austausch.

 

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Südddeutsche Zeitung