Long Reads, auch wenn sie gut geschrieben und recherchiert sind, liest online fast niemand

 

Unsere Veranstaltungsreihe »Cision Meets… « vernetzt namhafte und relevante Journalisten mit PR- und Kommunikationsschaffenden aus allen Branchen. 

 

Heute unterhalten wir uns mit Klaus Fiala von Forbes (Austria).

 

Erzählen Sie uns ein bisschen über Ihre Position und Ihren Aufgabenbereich bei Forbes.

Ich bin als Redakteur für Wirtschaft & Finanzen vor allem für die Rubrik „Investment“ unseres monatlichen Printmagazins zuständig. Dort behandeln wir Themen rund um Finanzmärkte, Aktien, etc. Neben klassischen Aktienanalysen ist unser Ansatz, auch ungewöhnliche Geschichten aufzuspüren – etwa spannende Fintechs oder ungewöhnliche Investmentansätze. So wollen wir auch Personen, die sich sonst nicht unbedingt für solche Artikel interessieren, für diese Thematik begeistern. Neben Finanzartikeln schreibe ich – da unser Redaktionsteam recht klein ist – auch über alle anderen Themen im Magazin, etwa Business, Lifestyle, etc. Zudem fallen andere kleinere Arbeiten an, etwa das Korrekturlesen vor dem Erscheinungstermin, die Koordination innerhalb der Redaktion, etc. In unregelmäßigen Abständen – je nach Zeit und Anlass – schreibe ich auch Online‐Artikel für unsere Webseite www.forbes.at.

 

Wie sieht eine typische Woche für Sie aus?

Grundsätzlich stehen am Anfang des Monats vor allem die Recherche‐ und Planungsarbeit im Vordergrund, also die Themen für das Magazin festlegen, Interviews durchführen, Artikel recherchieren, Pressetermine besuchen. Da bin ich relativ viel auswärts unterwegs. Je länger die Produktion dann voranschreitet, desto schreiblastiger wird die Arbeit. In den letzten zwei Wochen ist das Team immer mehr im Büro und versucht, das Magazin fertig zu layouten und die Texte zu verfassen.

 

Wie beeinflusst die US‐Ausgabe Ihre Arbeit in Österreich? Wie viel Inhalt teilen Sie mit der US‐Ausgabe?

Grundsätzlich sind wir in der Themensetzung unabhängig und können Cover, Artikel, Schwerpunkte, etc. selbst bestimmen. Die US‐Ausgabe gibt uns aber natürlich eine thematische Richtung vor – also den Fokus auf Unternehmertum in all seinen Farben und Formen. Zudem haben wir in jedem Magazin 30 bis 40 Prozent Content aus dem Forbes‐Netzwerk. Wir suchen uns also die besten Geschichten aus Forbes US aus, übersetzen sie und inkludieren sie in unser Magazin. Dadurch haben wir super recherchierte Artikel, die unseren Lesen Hintergrundinformationen aus den USA – oder fallweise auch aus anderen Ländern, wo Forbes aktiv ist, etwa Mexiko, Russland oder Afrika – bieten. Es kommt auch vor, dass die US‐Kollegen Artikel aus unserem Heft für Forbes US übernehmen. Der Austausch in diese Richtung, dass also unser Content auch in der US‐Ausgabe veröffentlicht wird, soll in der nächsten Zeit verstärkt werden.

 

Sie schreiben als noch relativ junger Journalist für eines der bekanntesten Wirtschaftsmagazine der Welt. Können Sie uns ein wenig über Ihren Karriereweg verraten?

Ich habe während meines Studiums (Volkswirtschaft) bereits erste Erfahrungen im Journalismus gesammelt, etwa bei den österreichischen Tageszeitungen Der Standard und Kurier, und bei der Österreichischen Presse Agentur (APA). Dabei war ich immer im Bereich Wirtschaft und Finanzen unterwegs, der mich nicht nur persönlich interessiert, sondern auch zu meinem Studium passte. Nachdem ich dann vor eineinhalb Jahren hörte, dass Forbes eine Ausgabe in Österreich startet, wollte ich da unbedingt dabei sein. Und zum Glück hat das dann auch gleich geklappt.

 

Warum haben Sie sich für eine Karriere in der Welt der Wirtschaft und Finanzen entschieden? Was fasziniert Sie an diesen Themen? Worin besteht für Sie die größte Herausforderung, wenn es darum geht, darüber zu schreiben?

Je mehr man über die Thematik lernt – das gilt speziell für die Finanzmärkte – desto vielfältiger wird sie. Das ist zwar etwas einschüchternd, andererseits aber extrem spannend. Und gerade seit der Finanzkrise zeigt sich, wie weitreichend wirtschaftliche Vorgänge in einem globalen Kontext sind und welche Verflechtungen es gibt. Und da gerade seit 2008 die Debatte in wirtschaftspolitischen Fragen so prominent und oft auch kontroversiell geführt wird, ist das meiner Meinung nach das spannendste Themenfeld. Die größte Herausforderung für mich ist dabei, die teils komplexen Inhalte so zu verarbeiten, dass sie auch meine Großmutter oder mein 14‐jähriger Cousin gut verstehen würden (was ich dann manchmal auch teste). Gerade im Finanzjournalismus werden Begriffe oft unzureichend erklärt und zu viel Fachsprache verwendet. Das ist zwar für eine Handvoll Leser interessant, für die breite Masse aber nicht nachvollziehbar. In dieser Form zu schreiben ist nicht ganz einfach und gelingt mir leider auch nicht jedesmal. Doch möglichst vielen Menschen zumindest die Möglichkeit zu geben, sich zu informieren und sich dann selbständig ihre Meinung über Geschehnisse zu bilden, sollte meiner Meinung nach das Ziel sein.

 

Sie schreiben für die Print – und Onlineausgabe bei Forbes. Haben Sie unterschiedliche Herangehensweisen für das Recherchieren und Schreiben?

Im Printmagazin haben wir den Luxus, uns für die Artikel (etwas) mehr Zeit lassen zu können. Daher sind diese meist hintergrundlastiger, haben eine starke Bildsprache und sind in längerer Form. Die Chance, dass wir die völlige Aufmerksamkeit eines Lesers haben, wenn er mit unserem Magazin am Strand liegt, ist größer als online. Auf unserer Website ist die Aufmerksamkeitsspanne kleiner, daher sind die Artikel meist kürzer und etwas provokanter geschrieben als in der Printversion. Es sind für unsere Online‐Community auch nur ganz spezielle Themen spannend, Long Reads, auch wenn sie gut geschrieben und recherchiert sind, liest online fast niemand. Was ich online wiederum super finde, ist die problemlose Einbindung von externen Quellen (etwa anderen Zeitungen oder Magazinen) bzw. auch verschiedenen Medienformen, etwa Videos. Print und Online sind letztlich zwei unterschiedliche Medienformen mit Überschneidungen, die man aber auch nach den jeweiligen Eigenschaften behandeln sollte. Die Recherchemethode ist aber recht ähnlich, die läuft bei mir auch im Printbereich – wenn es sich nicht gerade um Interviews handelt – vor allem über Online‐Quellen.

 

Welche Rolle spielen soziale Medien für Ihre Arbeit?

Ich nutze Twitter, um mich zu informieren und tagsüber auf dem neuesten Stand zu bleiben. LinkedIn ist super, wenn man kurze Lebensläufe recherchieren muss. Instagram und Snapchat nutze ich vor allem privat, beruflich (noch) kaum. Ein Facebook‐Profil habe ich aus persönlichen Gründen (u. a. Datenschutz) seit langem nicht mehr. Das ist manchmal schon ein kleiner Nachteil, da vor allem Leute in meinem Alter extrem viel über Facebook kommunizieren und meine Kolleginnen auch einiges an Informationen über Facebook erhalten. Im Großen und Ganzen ist der Einfluss von Social Media auf die tägliche Arbeit im Vergleich zu Online‐Journalisten aber sicher etwas geringer, da Forbes nicht so aktuell ist und ich dadurch auch nicht permanent Online sein muss.

 

Wie können PRler Ihnen mit Inhalten helfen?

PR‐Agenturen sind super, wenn sie das jeweilige Produkt kennen und darauf aufbauend Vorschläge machen. Standardisierte Presseaussendungen sind für ein Monatsmagazin nicht so hilfreich. Aber wenn zu unserem Produkt passende Interview‐ oder Themenvorschläge gemacht werden, klappt das oft auch mit der Zusammenarbeit gut. Für uns sind das Themen, die im Bereich Wirtschaft, Finanzen und Lifestyle angesiedelt sind und irgendeinen außergewöhnlichen Aspekt, etwas Unerwartetes aufweisen. Wir müssen nicht unbedingt topaktuell sein, dafür aber etwas Neues bieten können. Manchen Agenturen gelingt das besser, manchen schlechter. Aber das ist meiner Meinung nach die beste Möglichkeit, um unsere Aufmerksamkeit zu bekommen.

 

Wie können PRler Sie am besten erreichen?

Am liebsten per E‐Mail, aber auch per Telefon ist die Kontaktaufnahme völlig in Ordnung.

 

Was würden Sie in einer idealen Welt tun, wenn Sie nicht Journalist wären?

In einer idealen Welt wäre ich entweder Fußballprofi beim SV Darmstadt 98 oder hätte genug Fantasie, um in einem kleinen Landhaus Romane zu schreiben.

 

Vielen Dank an Klaus Fiala für das spannende Interview! 

 

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www.forbes.at