Kann man aus der Beobachtung und Analyse der Berichterstattung zur Coronakrise Rückschlüsse für die eigene Kommunikation ableiten? Eindeutig Ja, so Martin Schulze und Bernd Hitzemann von Cision Insights in unserem Webinar am 3. April 2020.

 

Warum ist es für Unternehmen wichtig, sich in der Coronakrise einen Überblick über die Berichterstattung zu verschaffen? Und was zeichnet die Berichterstattung aus, in Deutschland aber auch global? Diese und andere Fragen beantworteten uns Martin Schulze, VP Cision Insights Germany und Bernd Hitzemann, VP Automotive Cision Insights, in unserem Webinar am 3. April 2020. Dabei präsentierten sie auch einige konkrete Empfehlungen für Unternehmen zur Unternehmenskommunikation.

Die Nachrichtenlage rund um die Corona-Krise wird zumeist mit zwei Worten beschrieben: sie wirkt „dynamisch“, getrieben durch die schnelle Ausbreitung des Virus und der kurzfristigen Maßnahmen, die von Regierungen und Institutionen weltweit getroffen werden. Und sie wird als „Infodemie“ bezeichnet, sei es wegen der schieren Nachrichtenflut oder auch der Masse an falschen Informationen. Seit Beginn des Jahres 2020 ist das Thema Corona bereits in den Medien präsent. Zunächst auf China konzentriert, wurde das Thema auch in Deutschland akut, als der Virus sich in Italien rasch ausgebreitet hat. Die Ausbreitung in Italien kann also als Ereignis verstanden werden, das die Berichterstattung deutlich verändert hat. Danach ist das Nachrichtenaufkommen derart angestiegen, dass es schier unmöglich wurde, sich einen Überblick über die Nachrichtenlage zu verschaffen. Stattdessen hat die Berichterstattung den Charakter eines „Nachrichten-Tickers“ erhalten. Getrieben wird sie dabei vor allem von den täglich aktualisierten Fallzahlen zu neuen Erkrankten und Opfern des Coronavirus. Aber auch durch die großen, einschneidenden Ereignisse, wie der Absage von Veranstaltungen oder weitgreifenden politischen Entscheidungen.

 

 

Was man aus der Medienberichterstattung zu Corona in China lernen kann

In den unterschiedlichen Phasen des Ausbruchs und der Verbreitung von COVID-19 kann man auch unterschiedliche Phasen in der Berichterstattung erkennen. China ist ein interessantes Beispiel, da es in Bezug auf den Verlauf der Krise gegenüber Europa einen Vorsprung von ungefähr 7-8 Wochen hat. Betrachtet man die Medienberichterstattungs-Muster kann man folgende Schlussfolgerungen herleiten:

Sobald die Anzahl der Neuinfektionen deutlich abnimmt, stellt das auch einen Wendepunkt in der Berichterstattung dar. Dann nimmt auch die Anzahl der Beiträge zu COVID-19 im Rahmen des Nachrichtenaufkommens ab. Dadurch wird ein Fenster für andere Themen geöffnet, die sich nicht mehr mit den aktuellen Fallzahlen und den von Institutionen getroffenen Maßnahmen beschäftigen.

 

 

Die vier Phasen der Medienberichterstattung und was sie für die Kommunikation von Unternehmen bedeuten

Phase 1 – „Detection“:

In der ersten Phase geht es darum, den Virus und die sich anbahnende Krise zu erkennen. Diese Phase ist weltweit abgeschlossen.

 

Phase 2 – „Preparation & Prevention“:

In der zweiten Phase bestimmt die Krisenberichterstattung das Nachrichtengeschehen. Die Leute sind auf Grund der unterschiedlich getroffenen Maßnahmen überwiegend zu Hause und konsumieren über die klassischen Medien und das Internet die Krisenberichterstattung. Dabei fokussiert sich diese auf das Thema COVID-19. Andere Themen werden kaum thematisiert. In Hinblick auf die Unternehmenskommunikation funktionieren dabei höchstens Corporate Citizenship-Themen: z.B. wie kann das Unternehmen dabei helfen, gegen den Virus vorzugehen? Auch Management-Themen sind hier möglich, solange sie in Bezug auf das Thema COVID-19 lösungs-orientiert sind. Hingegen wird von Produkt- und Launch-Kommunikation abgeraten, ebenso von egozentrischen, auf das Unternehmen bezogene Themen. In der zweiten Phase befindet sich Deutschland.

 

Phase 3 – „Containment, Mitigation & Damage Control“:

In dieser Phase nimmt die auf Corona bezogene Berichterstattung deutlich ab. Es öffnet sich ein „Fenster“ für neue Themen. Der Medienkonsum ist weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Die Menschen sind nun bereit, zunehmend wieder unterhaltende Formate und positive Nachrichten zu konsumieren und auch Produktorientierte Informationen zu akzeptieren.

Für Unternehmen und Kommunikatoren ist es deshalb wichtig, sich auf diese Phase vorzubereiten. Neue, digitale Kommunikationsformate sollten entwickelt und Themenpläne entsprechend vorbereitet werden, um in der dritten Phase die jeweiligen Zielgruppen mit den Botschaften zu erreichen. Gleichzeitig ist ein zurück zum „normalen“ Betrieb aber kaum denkbar: die Kommunikation wird weiterhin von den Folgen der weltweiten Ausbreitung von COVID-19 geprägt sein: z.B. werden die Bedenken bezüglich neuer Infektionswellen durch Präsenzveranstaltungen Unternehmen dazu veranlassen, digitale Formate zu entwickeln, um ihre Botschaften zu platzieren oder Events durchzuführen.

 

Phase 4 – „Recovery and Repair“:

In dieser Phase fängt die Situation an, sich zu normalisieren. China befindet sich bereits in dieser Phase. Die Menschen kehren zurück zu ihren Arbeitsplätzen, der Alltag kehrt ein. Der Medienkonsum nimmt deutlich ab.

 

Weitere Themen, die im Webinar besprochen wurden:

  • Welche konkreten Themen der Unternehmenskommunikation in China in der dritten Phase besonderes Interesse hervorgerufen haben
  • Wie sich das Narrativ der „Systemrelevanz“ im Gegensatz zur Finanzkrise z.B. geändert hat
  • Welche Rolle die Finanzakteure im Rahmen der Medienberichterstattung rund um COVID-19 einnehmen